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Impressionen auch Aachen's schönstem Viertel

AZ – Cartoonistin Mele Brink erklärt die Welt auf ihre Weise

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Öcher Klenkes mal anders: Mele Brink begeisterte mit ihren Tofuwürsten „im falschen Körper“ nicht nur die Cartoon-Experten. Mit ihren witzig-tiefgründigen Illustrationen fährt die Wahl-Aachenerin längst auf Erfolgskurs. Foto: Michael Jaspers

AACHEN. Seit 30 Jahren lebt Mele Brink in Aachen und zeichnet vorwiegend heitere Illustrationen, Cartoons und Comics für diverse Kunden. Mit Gründung der Edition Pastorplatz tobt sie sich mit Begeisterung zeichnerisch auch im Bereich Kinderbuch aus.

 Im Samstagsinterview mit AZ-Mitarbeiterin Svenja Pesch spricht sie über ihren Beruf und erklärt, warum Männer anders zeichnen als Frauen und wie Tofuwürste die Welt sehen.

Wie sind Sie Illustratorin geworden?

Brink: Gebürtig komme ich aus Bielefeld, bin dann für mein Architekturstudium nach Aachen gezogen. Nach erfolgreichem Abschluss in Form einer mobilen Gedenkstätte für Lady Di machte ich mich 1998 dann aber doch lieber als Illustratorin selbstständig. Ich habe schon während meiner Studienzeit gezeichnet und unter anderem Zeichenkurse bei dem Karikaturisten, Lyriker und Satiriker F.W. Bernstein besucht. Seitdem bin ich selbstständig und arbeite für verschiedene Kunden und Institutionen.

Was fasziniert Sie an Cartoons und Comics?

Brink: Vorab: Zwischen Cartoons und Comics besteht ein Unterschied. Comics erzählen dem Leser Geschichten, und es geht verstärkt darum, was zwischen den Bildern passiert. Cartoons bestehen meistens aus einem Bild, gepaart mit einem Witz, einem entlarvenden Text oder einer Pointe. Ich schätze an beiden Sachen viel.

Einerseits muss ich mich beim Anfertigen von Cartoons auf das Wesentliche beschränken, es muss kurz und knackig sein. Andererseits schätze ich auch die Freiheit beim Gestalten von Geschichten. Natürlich ist es manchmal auch nicht ganz leicht, sich nur auf das Essenzielle zu fokussieren, aber während des Schaffungsprozesses wird die Vorstellung von dem, wie es aussehen soll, immer klarer.

Von armen Würstchen und „Autodidakten“ der anderen Art: In ihren Cartoons spießt Mele Brink gekonnt die Be- und Empfindlichkeiten ihrer Zeitgenossen auf. Repro: Michael Jaspers

Die meisten Illustratoren sowie Comic- und Cartoonzeichner sind Männer. Ist es für Frauen schwer, in dem Bereich Fuß zu fassen?

Brink: Es ist in der Tat so, dass mehr Männer in diesem Gewerbe präsent und tätig sind, wobei die Frauen in den letzten Jahren deutlich aufgeholt haben. Männer und Frauen haben vielleicht eine andere Art, Witze zu gestalten, aber die Schnittmenge ist bei beiden dennoch hoch.

Ich wünsche mir, dass die Frauen offensiver mit ihrem Talent umgehen und genauso selbstbewusst auftreten, wie es ihre männlichen Kollegen machen. Mir fällt auf, dass Frauen häufig viel Eigenhumor haben, der in ihren Geschichten und Illustrationen sichtbar wird. Gerade damit sollten sie sich zeigen und nicht verstecken.

Im Rahmen Ihrer Selbstständigkeit haben Sie gemeinsam mit Bernd Held im Jahr 2014 den Verlag Edition Pastorplatz mitten im Frankenberger Viertel gegründet…

Brink: Genau, wir bringen inzwischen pro Jahr fünf bis sechs Kinderbücher auf den Markt. Gute Unterhaltungsliteratur für Kinder ab drei und ab fünf Jahren sowie für Erstlesende. Natürlich in hochwertiger Aufmachung und reichlich illustriert (nicht nur von mir).

Daneben läuft dann noch mein „Tagesgeschäft“ – überwiegend heitere Illustrationen, Cartoons und Comics für diverse Kunden und Auftraggeber. Auch die Illustration von Schulbüchern gehört dazu. Meistens ganz altmodisch mit Tusche, Aquarell und Kreide sowie ganz selten auch am Rechner.

Das heißt, dass Comics und Cartoons nach wie vor gefragt sind?

Brink: Natürlich. Die Möglichkeit, mit einer Zeichnung oder einem Blick Dinge zu erläutern, für die man ansonsten zwei Seiten Text bräuchte, funktioniert ja nach wie vor. Ich denke, es ist auch immer modeabhängig, welche Art von Zeichnungen gerade ankommen oder eben nicht. Momentan sind analoge Illustrationen durchaus wieder gefragt, nachdem es Zeiten für Digitales oder auch Collagiertes gab.

Gerade im Kinderbuchbereich gibt es aber auch Dauerbrenner. Wobei ich ganz ehrlich sagen muss, dass ich mir wünsche, dass sowohl alte Klassiker als auch neue Geschichten gelesen werden. Ein Beispiel ist die „Raupe Nimmersatt.“ Das Buch habe ich schon als Kind vorgelesen bekommen. Es ist zeitlos, aber es wäre doch sehr schön, wenn es neben diesem einen Klassiker Platz für weitere tolle, zeitlose Erzählungen gäbe. Womöglich greift man aber immer zu dem, was man kennt und von dem man weiß, dass es gut ist. Hier fände ich eine breitere Aufstellung schön.

Was ebenfalls seit jeher funktioniert, ist Humor. Seit knapp 20 Jahren arbeiten Sie für Misereor. Nicht nur dort sind Sie mit Themen konfrontiert, die weder erheiternd sind noch zum Lachen anregen. Wie hilfreich sind Cartoons in dem Zusammenhang?

Brink: Durch Cartoons oder auch in Comics kann ich ernste Themen humoristisch und damit mit Distanz darstellen. Die Tragik steht dann nicht im Vordergrund, was definitiv von Vorteil sein kann. Wenn es gut läuft, entsteht ein leichterer Zugang auch zu komplizierteren, schwereren Themen. Zudem hilft Humor oft, blöde Dinge besser zu ertragen.

Zurück zu fröhlicheren Themen: Der Tofuwurst haben Sie gleich ein ganzes Buch gewidmet. Wie kamen sie dazu?

Brink: Das ist eine witzige Geschichte. Ich war damals bei einem Workshop, wo es sehr häufig Tofuwürste gab, und damals schmeckten die noch ziemlich nach Bauschaum. Aus dem Tier des Tages wurde die Wurst des Tages und dann die Tofuwurst.

Der Koch war mit der vegetarischen Küche einfach ein wenig überfordert. Ich fand das Ganze irgendwie skurril und witzig, weshalb mir die Idee kam, dazu eine Geschichte zu machen. Es geht darum, wie die Tofuwurst überhaupt in die Pelle gekommen ist, und um die Frage nach ihrer Identität. Schließlich ist sie eindeutig gefangen im falschen Körper. Mit dieser Geschichte habe ich es sogar in die Endrunde der Kinderjury des Troisdorfer Bilderbuchpreises geschafft.

Illustratorin – Ihr Traumberuf?

Brink: Und ob. Ich mag diese Auseinandersetzung mit immer wieder neuen Themen – angefangen von Überalterungserscheinungen in ländlichen Regionen über Taubenzucht, Länderinfos zu Indien, Mathematikaufgaben bis hin zu Gleichstellungsversuchen im Managementbereich. Am Zeichentisch zu sitzen und mal mit diesen, mal mit jenen Farben, Pinseln und Stiften zu „spielen“, bereitet mir immer noch Vergnügen.

Zu knobeln, welche Darstellungsart zu welchem Text oder auch zu welchem Kunden passt, diese Mischung aus Dienstleistung und Kreativität – doch, das gefällt mir nach wie vor. Wenn man wie ich das Hobby zum Beruf gemacht hat, muss man zwar durchaus aufpassen, dass die Leidenschaft und der Spaß dabei nicht dem Zeitdruck oder auch mal der Existenzangst oder dem Perfektionismus zum Opfer fallen. Bislang hat das aber immer wieder geklappt. Ich würde mich glatt wieder für diesen Beruf entscheiden.

Der gesamte Artikel und die Bilder wurden hier entnommen: http://www.aachener-zeitung.de/lokales/aachen/cartoonistin-mele-brink-erklaert-die-welt-auf-ihre-weise-1.1882721

 

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